Arbeitszeiterfassung
Obwohl es eines der wichtigsten Themen in der Arbeitswelt ist, führte die Arbeitszeiterfassung für viele Jahre eine Art Dornröschenschlaf. Viele Unternehmen erfassten die Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter – viele jedoch nicht. Doch nicht zuletzt durch den Umstand, dass sich viele Arbeitnehmer durch nicht erfasste, zu viel geleistete Arbeitszeit ungerecht behandelt fühlten, änderte sich die Situation: Ausgelöst durch einen Rechtsstreit fällte der Europäische Gerichtshof am 14. Mai 2019 ein Urteil, das langfristig Folgen für die Zeiterfassung in allen Mitgliedsländern der EU haben sollte. Denn hier wurde allen nationalen Regierungen ins Stammbuch geschrieben, dass sie anhalten sind, in ihren Staaten für eine verlässliche Erfassung der Arbeitszeiten durch die Arbeitgeber zu sorgen.
Zweck der Arbeitszeiterfassung
Grundsätzlich stellt die Erfassung der Arbeitszeit Daten für die Entgeltabrechnung des Arbeitnehmers zur Verfügung. Dies erspart vor allem dem Arbeitgeber erheblichen Aufwand sowie Kosten. Insbesondere können beispielsweise Überstunden erfasst und berechnet werden – ohne zeitintensive Nachfrage oder Recherche beim Arbeitnehmer. Für manche Arbeitgeber ergibt sich der angenehme Nebeneffekt einer Kontrollmöglichkeit, d. h. er weiß, wann und wie lange sich seine Arbeitnehmer an der Arbeitsstelle aufgehalten haben.
Auswirkungen der Arbeitszeiterfassung
Konkrete Vor- und Nachteile für Mitarbeiter:
- bessere Selbstkontrolle von Lohnabrechnungen
- Transparenz der Arbeitszeiten und Fehlzeiten
- Planungserleichterung wie z. B. die Urlaubsplanung
- Kontrollmöglichkeit des Arbeitgebers
Konkrete Vor- und Nachteile für Unternehmen:
- effizientere Gehaltsabrechnung
- automatisiertes Verfahren
- Arbeitsprozessoptimierung
- minutengenaue Zeitabrechnung
- effizientere Buchungsarchivierung und Nachvollziehbarkeit vergangener Daten
- mehr Sicherheit, Transparenz und Übersicht
- Mitarbeiter können effizienter eingesetzt werden
- bessere Personaleinsatzplanung
- Arbeitserleichterung und Verbesserung der Wirtschaftlichkeit
- Verstöße gegen den Datenschutz bei nicht datenschutzkonformen Anwendungen
- Manipulationsmöglichkeit der Buchungen durch die Mitarbeiter
- ohne Projektbezug keine Aussage über die Produktivität der Mitarbeiter
Formen der Arbeitszeiterfassung
Naturgemäß werden und wurden von gesetzgebender Seite keine konkreten Vorgaben gemacht, wie genau die Arbeitszeiterfassung zu erfolgen hat. Es lassen sich jedoch aus den Aussagen des Gerichts Rückschlüsse ziehen:
Das Arbeitszeiterfassungssystem müsse „objektiv“, „verlässlich“ und „zugänglich“ ausgestaltet werden. „Objektiv“ sei das System, wenn die Erfassung und Aufzeichnung in einer Art und Weise erfolgt, die es dem Arbeitnehmer möglich macht, die geleistete Arbeitszeit mithilfe der Aufzeichnungen objektiv nachzuweisen. „Verlässlich“ sei wohl dahin gehend zu verstehen, dass die Dokumentation der Arbeitszeit zuverlässig geschehe und etwaige Manipulationen ausgeschlossen sind. Das Arbeitszeiterfassungssystem sei dem Arbeitnehmer zudem „zugänglich“, wenn er die Möglichkeit habe, die Dokumente einzusehen und im Bedarfsfalle im Prozess als Beweismittel nutzen zu können.
Diese Attribute erfüllen weder klassische Stempeluhren noch handschriftlich geführte Excel-Listen. Die Lösung liegt wohl vielmehr in modernen Zeiterfassungssystemen, die auf digitalem Wege die Komm- und Gehzeiten (also Arbeitszeiten) jedes Arbeitnehmers erfassen. Die Mitarbeiter halten beispielsweise einfach eine Chipkarte vor ein im Betrieb installiertes Terminal und können dann zum Beispiel Einblick nehmen in folgende Informationen:
- bisher geleistete Arbeitszeit
- Anzahl der Urlaubstage
- Anzahl der Fehltage
- Anzahl der Überstunden
Daneben kann die Arbeitszeiterfassung per Fingerabdruck, einer speziellen Software oder mit Excel erfolgen. Worauf ein Unternehmen im konkreten Fall zurückgreift, ist letztlich eine Frage des Budgets und des zu erwartenden Zeitaufwands. Kann der deutlich zurückgefahren werden und so zu Einsparungen bei Kosten führen, rentiert sich womöglich eine Anschaffung.